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Abbildung aus dem Comic "Jakob Neyder" von Franz Suess
10.11.2025

Freiheitsmaschine im Nirgendwo

Franz Suess widmet sich in seinen Geschichten mit Vorliebe Außenseitern und Einzelgängerinnen, verschrobenen Charakteren; Leuten, die eher unten an der gesellschaftlichen Leiter stehen, in materieller Hinsicht wie auch, was das Sozialleben betrifft. Sie seien seinem Herzen näher, hat er selbst einmal dazu gesagt.

Wer Suess' Comics liest, kann das merken an der Art, wie er diese Figuren beschreibt, wie er sie in seinen Zeichnungen lebendig werden lässt und ihnen immer eine gewisse Würde gewährt. Die Titelfigur in Franz Suess’ neuem Comic, der Jugendliche Jakob Neyder, lebt bei einer leicht überforderten Mutter in der Stadt; Jakobs engster Vertrauter scheint sein treuherzig blickender Hund Bruno zu sein; dann gibt es noch die On-off-Freundin Susi und den Schulfreund Tim. Keinem dieser Menschen in seinem Leben kann Jakob aber anvertrauen, was ihm zusetzt: Er hat vor kurzem im Affekt eine Straftat begangen, nun quält er sich mit der Schuld, von der er sich zunehmend verfolgt fühlt.

Als seine Mutter ihn über die Ferien in das abgeschiedene Sommerhaus auf dem Lande schickt, um den kränklichen Bruno zu pflegen, ist Jakob nicht begeistert - aber immerhin besteht die Hoffnung, die Schuldgefühle abzuschütteln.

Der Österreicher Franz Suess hat Malerei und Grafik an der Kunstuniversität Linz studiert, grafisches Gestalten unterrichtet und ist erst spät zum Comiczeichnen gekommen. Der Hintergrund als bildender Künstler war schon seinen früheren Comics wie etwa dem malerisch kolorierten Kriminaldrama Diebe und Laien anzumerken.

Die Farbgebung in Jakob Neyder charakterisiert unter anderem die unterschiedlichen Schauplätze der Geschichte: der Teil, der in der Stadt spielt, ist in Schwarzweiß gehalten, in feinen harten Strichen, die fast wie Radierungen wirken; das effektvolle Spiel mit Licht und Schatten ist gepaart mit einem Lettering, das mal weiß auf dunklem Grund, mal schwarz auf weiß steht. Im Kontrast dazu steht Jakobs von der Mutter forcierter Ausflug aufs Land, der mit dem nahe gelegenen Badesee Erfrischung bieten könnte. Hier leuchten die Seiten in kräftigen Farben; die Farbe Rot setzt anfangs lediglich Akzente - zum Beispiel an dem alten Fahrrad im Schuppen, das als Freiheitsmaschine im Nirgendwo fungiert - und erhält im Lauf der Handlung immer mehr Raum, in dem Maße, wie die Sommertage heißer und bedrohlich drückender werden und sich die Dinge für Jakob zuspitzen.

Franz Suess: Jakob Neyder, Avant-Verlag, 184 S., 29 EUR

Abbildung aus Jakob Neyder von Franz Suess © Franz Suess & Avant-Verlag, 2025