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© Abbildung aus "Magritte" von Thomas Campi/Zabus, Carlsen Verlag
03.08.2017

Besessen von Magrittes Melone

Am Sonntag vor seiner Beförderung wird der Brüsseler Angestellte Charles Singullier übermütig und ersteht eine Melone auf dem Trödelmarkt. Beschwingt spaziert er mit dem runden schwarzen Hut auf dem Kopf nach Hause - und dann gerät sein Leben gehörig durcheinander.

Die Melone gehörte einst dem Maler René Magritte und verkörpert so etwas wie den Geist des belgischen Surrealisten, dessen Rätsel der wider Willen Besessene nun lösen muss. "Solange du deine Mission nicht erfüllt hast, wirst du den Hut tragen!", erklärt das maskierte Antlitz des Verbrechergenies Fantômas, das auf dem ausgeschalteten Fernseher erscheint, wie geradewegs aus Magrittes Gemälde Der Grausame entsprungen.

Um die Beförderung am nächsten Tag nicht mit alberner Melone empfangen zu müssen, stolpert der biedere Charles Singullier durch diese Geschichte: Der belgische Szenarist Vincent Zabus und der italienische Zeichner Thomas Campi erwecken Magrittes surreale Gemälde zum Leben und lassen den Künstler sogar persönlich den Pinsel gegen Singullier erheben. Zu Charles' Glück nimmt ihn eine junge Magritte-Expertin an die Hand und treibt seine Suche voran.

Sie und andere Figuren schildern Stationen in Magrittes Leben, aber im Vordergrund stehen die Lust am Spiel mit dessen Kunst - an die sich Campi mit seinen weichen, meist in warmen Farben gehaltenen und nur manchmal von kühlem Magritte-Blau gefärbten Zeichnungen trotz Zitaten nicht anbiedert - und das Spiel mit der Kunstform Comic. "Das ist zu klein geschrieben... Ich höre nichts", ruft Charles etwa angesichts der winzigen Buchstaben in der Sprechblase eines Herrn, der einer Lok entsteigt, die aus dem zugemauerten Kamin gerast kam. Auf ein berühmtes Werk spielt der Untertitel dieses zum 50. Todestag von Magritte erscheinenden Comics an: Dies ist keine Biografie, steht auf dem Buchdeckel. Es ist selbstverständlich doch eine, aber schönerweise nicht im klassischen Sinne. [B.B.]

Vincent Zabus und Thomas Campi: Magritte. Dies ist keine Biografie, ÜS: Marion Herbert, 64 S., Carlsen-Verlag, 17,99 EUR.

© Abbildung aus Magritte von Thomas Campi/Zabus, Carlsen Verlag
Dieser Text ist erschienen im Bonner Stadtmagazin Schnüss, Ausgabe 08/2017